Der Arbeits- und Fachkräftemangel ist in aller Munde. In den vergangenen Jahren wurde er vor allem im Pflegebereich nicht nur sicht-, sondern auch spürbar. Zudem steht eine gewaltige Renteneintrittswelle bevor, die aufgrund des demographischen Wandels nicht ausschließlich durch Auszubildende der jeweiligen Regionen Deutschlands ausgeglichen werden kann.
Bei der zunehmend schwierigen Suche nach qualifiziertem Pflegepersonal bedarf es im wahrsten Sinne eines Blickes über den Tellerrand. Entsprechend reiste Dr. Andreas Seidel, Vorstand der Diakonie Westsachsen, im Januar 2024 als Teil einer Delegation nach Brasilien. Gemeinsam mit anderen Führungskräften begleitete er die Sächsische Staatsministerin Petra Köpping in die von Armut geprägte Stadt Recife, um dort ein Fachkräfte-Projekt kennenzulernen. Das bereits laufende Projekt bringt Kliniken und soziale Träger aus Sachsen mit brasilianischen Ausbildungsstätten zusammen und ermöglicht Fachkräften aus Brasilien eine sichere Anstellung in Deutschland. Ziel der Reise war es, einen Einblick in die Ausbildung des Pflegepersonals vor Ort zu erhalten und die Vermittlung von Pflegekräften nach Sachsen anzubahnen. Der Besuch verschiedener Bildungsstätten gehörte ebenso zum Programm wie der Austausch mit wichtigen Vertretern aus der Politik und aus dem Sozialbereich. Vorstand Dr. Seidel berichtet:
„Die Motivation der jungen Menschen hat mich sehr beeindruckt. Ich bin davon überzeugt, dass wir ihnen eine Perspektive in Deutschland bieten können. Mit der Rekrutierung von Pflegekräften aus Brasilien verbessern wir letztlich auch die Arbeitsbedingungen unserer hiesigen Mitarbeitenden, in dem zum Beispiel die Dienstpläne wieder verlässlicher werden können.“
Die Voraussetzungen für die Umsetzung werden derzeit weiter abgestimmt und justiert, damit im Zeitraum eines Jahres der Ausbau des Projektes soweit voranschreitet, dass Brasilianerinnen und Brasilianer in den Einrichtungen der Diakonie Westsachsen ihren Dienst aufnehmen könnten. Hierzu bedarf es eines umfassenden Integrationsmanagements bzw. -konzepts.
Hintergrund zum Projekt
Im Rahmen der Kooperation erhalten junge Frauen und Männer eine hochwertige Fachkraft-Ausbildung, die vergleichbar mit einem Bachelor-Abschluss ist. Für die Pflege älterer Menschen, wie sie in Einrichtungen der Diakonie angeboten wird, sind passende Ausbildungsinhalte geplant, konkret auch für Pflegehelfer*innen. In verschiedenen Modellen kann die Ausbildung in Brasilien oder auch in Deutschland erfolgen; die Anerkennung der Ausbildung ist möglich. Die entsprechenden Ausbildungsstätten für medizinisches Fachpersonal befinden sich Recife, einer Hafenstadt im Nordosten Brasiliens. Dieser Teil des Landes ist von großer Armut geprägt. Die ethische Vertretbarkeit des Projektes wurde in den Gesprächen vor Ort bestätigt.