Interview mit Petro Richter, Leiter der Wohnungsnotfallhilfe

Die Wohnungsnotfallhilfe arbeitet intensiv in der Stadt und Landkreis Zwickau. Beratungsstellen für Menschen in Wohnungsnotfallsituationen gibt es neben Zwickau auch in Werdau und Glauchau. Aufsuchende Hilfe leisten wir im gesamten Landkreis Zwickau.

Letztes Jahr haben insgesamt 715 Menschen in Wohnungs- und Existenznot unsere Kontakt- und Beratungsstellen aufgesucht.

Es geht primär immer darum, Wohnungsverlust dauerhaft und möglichst nachhaltig zu verhindern, wenn die Wohnung noch zu retten ist. Ist die Wohnung aber schon verloren, dann geht es am Anfang des Hilfeprozesses meist erstmal darum, Not zu lindern, Ursachen zu klären, Wege aufzuzeigen und mitzugehen, Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln, Leistungen zu beantragen und auch viel Mut zu machen.

Es ist ein wichtiges Ziel unserer sozialen Arbeit, Armut und Not nicht zu verwalten, sondern langfristig zu überwinden.

Um die Ziele zu erreichen, arbeiten in unseren Einrichtung 15 hauptamtliche Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter.

Es bedarf sehr guter Kenntnisse aller wesentlichen Sozialgesetze und ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen bei gleichzeitiger Distanzierungsfähigkeit. Außerdem sollten unsere Mitarbeitenden keine Berührungsängste mit suchtkranken, psychisch kranken und straffälligen Menschen haben.

Es ist wunderbar, dass wir ein Team mit eben solchen tollen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sind.

Ja, nehmen wir eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern in der Schule – Bürgergeld, Kindergeld, Unterhalt, Unterhaltsvorschuss, Mehrbedarfszuschläge, Einmalzahlungen für besondere Aufwendungen, Zuschuss zu den Fahrtkosten usw. Es ist schwer, da nicht den Überblick zu verlieren, und zur rechten Zeit immer das rechte Formular auszufüllen und mit allen benötigten Anlagen an das richtige Amt zu schicken. Jemand, der das nicht kennt, denkt, seine Grundsteuererklärung ist schwierig, aber sie ist – Entschuldigung! – ein „Witz“ dagegen. Und dann kann es schnell gehen:

Fehlt die Mietzahlung für zwei Monate, kann die Wohnung gekündigt werden. Übersteigen die Stromschulden 200,- €, kann der Strom abgestellt werden. Haben Menschen keine finanziellen Rücklagen und keine soziale Unterstützung, kann eine hohe Betriebskostennachzahlung oder eine kaputte Waschmaschine bereits die „Katastrophe“ bedeuten. Gut ist, wenn die Menschen dann rechtzeitig zu uns kommen und sich Hilfe holen, schlecht ist, wenn sie einen Tag vor der Zwangsräumung zum ersten Mal bei uns sind. Beides ist Realität.